Shocklee, Michelle

Ich gebe dir eine Stimme

320 S. Seiten,Paperback
9783963622830
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Kapitel 1 Nashville, Tennessee Dienstag, 29. Oktober 1929 Acht Stunden früher Einen perfekteren Tag konnte es nicht geben. Ich machte es mir auf meinem Lieblingsstuhl auf der Veranda bequem und bestaunte den rosavioletten Sonnenaufgang am Himmel von Tennessee. Bei dem schwachen Geruch von Holzrauch in der kühlen Morgenluft und dem Zwitschern der Vögel von den fast kahlen Bäumen war es, als habe selbst die Natur beschlossen, meinen besonderen Tag mit mir zu feiern. Sechzehn! Ich schrieb das Wort auf eine leere Seite in das Tagebuch mit Ledereinband, das mir Grandma Lorena zu Weihnachten geschenkt hatte. Das perfekte Geschenk für eine angehende Schriftstellerin, hatte sie erklärt. Und wie immer hatte sie recht gehabt. Mein letzter Eintrag, eine lange Tirade, in der ich beklagte, dass ich die Wahl zur Klassensprecherin an Sally Wortham verloren hatte, war kaum zu entziffern. Meine jugendliche Wut sprach aus jedem Wort, das ich zu Papier gebracht hatte. Wer hätte geahnt, dass die Bestechung mit selbst gemachten Karamellbonbons so erfolgreich sein könnte? Mit ordentlicherer Handschrift hielt ich meine Geburtstagsgedanken fest: Endlich habe ich dieses wunderbare Alter erreicht. Wenigstens hielt ich es für wunderbar, als Mary und ihre Freundinnen sechzehn wurden. Plötzlich wurden sie wie Erwachsene behandelt und durften Dinge tun, die mir, der zwei Jahre jüngeren Schwester, verwehrt blieben. Heute stehe ich am Tor zu einem neuen und viel interessanteren Leben. Der Debütantinnenball im nächsten Monat wird mich offiziell in die Gesellschaft von Nashville einführen, und auch wenn ich mir nicht viel aus Tratsch und den Menschen, die ihn in Umlauf bringen, mache, habe ich vor, meinen Platz in den besten Kreisen der Stadt einzunehmen und jeden Vorteil, den diese Position mit sich bringt, zu genießen. Ich las den Eintrag noch einmal und grinste. So viel Glück verlangt nach einem Freudenschrei. Vielleicht sogar nach zwei Freudenschreien. Mit einem befriedigten Gefühl klappte ich das kleine Buch zu und dachte an den Tag, der vor mir lag. Ich musste heute nicht zur Schule gehen. Mama erlaubte mir zu schwänzen, damit ich ihr und Mary helfen konnte, den Saal zu dekorieren, den wir für meine Feier heute Abend gemietet hatten. Gut hundert Leute waren eingeladen. Da Daddys Bank eine der größten in ganz Tennessee war, befanden sich auf der Gästeliste sehr viele seiner Stammkunden. Ihre Frauen waren Mamas Freundinnen, die sich in Clubs und wohltätigen Organisationen engagierten, obwohl sie sich meiner Einschätzung nach mehr für ihre gesellschaftliche Stellung interessierten, als dass ihr Antrieb wirklich altruistische Motive gewesen wären. Ich stand auf, streckte mich und schlenderte ins Haus. Mama war in der Küche damit beschäftigt, das Frühstück zuzubereiten. Ihr Haar war perfekt frisiert und eine Perlenkette glitzerte über dem Kragen ihres zweiteiligen Tageskostüms. Die gepunktete Rüschenschürze, die sie sich umgebunden hatte, betonte ihre ein wenig rundliche Taille, aber darauf würde ich sie bestimmt nicht hinweisen. 'Wo ist Dovie? Sie macht zu meinem Geburtstag doch immer ihre Spezialpfannkuchen.' Es war zwar nicht ungewöhnlich, dass Mama an den Wochenenden das Frühstück übernahm, aber dienstagmorgens stand normalerweise Dovie, unsere Haushälterin und Köchin, am Herd, besonders an einem Tag wie heute. Eine Schüssel mit frisch gewaschenen Brombeeren stand auf der Arbeitsplatte. Ich steckte mir eine in den Mund, bevor ich den neuen Kühlschrank aufmachte, der letzte Woche geliefert worden war. Der Werbeslogan des Herstellers General Electric - 'In Ihrer Küche ist immer Sommer' - hatte Mama Angst um unsere Lebensmittel eingejagt und sowohl dem Werbeteam als auch dem Katalog von Sears, Roebuck und Co. Erfolg beschert. Wie versprochen war die Glaskaraffe mit Orangensaft schön kalt und gut vor den Bakterien der warmen Küche geschützt. Mama gab mir keine Antwort. Ich drehte mich um, um zu sehen, ob sie meine Frage über

1929: An Lorena Lelands 16. Geburtstag verliert ihre Familie durch den Börsencrash nicht nur ihr Vermögen, sondern bricht im Inneren auseinander. Renas Zukunfts- träume zerplatzen wie Seifenblasen. Auch sieben Jahre später haben sich die Lelands noch nicht von dem Schlag erholt. Während ihre Mutter den Statusverlust zu leugnen versucht, ihr Vater sich mit seinem Whiskey vor der Welt versteckt und ihre Schwester in einer unglücklichen Ehe gefangen ist, bemüht sich Rena um eine neue Arbeit. Als Interviewerin für das Federal Writers' Project begibt sie sich schließlich ins berüchtigtste Viertel der Stadt. Dort soll eine 101-jährige ehemalige Sklavin ihr ihre Lebensgeschichte erzählen. Rena ahnt nicht, welche Auswirkungen dieser Job auf ihre ganze Familie haben wird. 'Bereit für Charaktere, die sich direkt aus den Seiten heraus ins Herz stehlen? Gekonnt erzählt Michelle Shocklee eine Geschichte von Verrat und Erlösung, die noch lange in Erinnerung bleibt. Tamera Alexander 'Dieser Roman nimmt die Leser*innen mit in die Zeit der Weltwirtschaftskrise, in der die Familie Leland hart mit ihrem Schicksal zu kämpfen hat. Renas Geschichte hat mich von der ersten Seite an gefesselt. Sie bewegt sich nahtlos zwischen zwei historischen Zeitebenen und zeigt auf wunderbare Weise, wie das Aufeinandertreffen von Rena und einer früheren Sklavin sowie deren Geschichte eine ganze Familie zu heilen beginnt.' Melanie Dobson

Michelle Shocklee ist als Autorin in mehreren Genres unterwegs, brennt jedoch vor allem für historische Romane. Sie hat ihre Jugendliebe geheiratet und ist Mutter von zwei erwachsenen Söhnen. Aufgewachsen in New Mexico lebt sie heute in Tennessee, nicht weit von den Schauplätzen ihrer Bücher. michelleshocklee.com

Mehr Informationen
Autor Shocklee, Michelle
Verlag Francke-Buchhandlung GmbH
ISBN 9783963622830
Blickfeldbestellnummer 332283
ISBN/EAN 9783963622830
Lieferzeit 5 Werktage (inkl. Versand)
Erfassungsdatum 06.05.2022
Lieferbarkeitsdatum 17.06.2022
Einband Paperback
Format 2.6 x 20.5 x 13.5
Seitenzahl 320 S.
Gewicht 380