Seiffge-Krenke, Inge

Therapieziel Identität

Veränderte Beziehungen, Krankheitsbilder und Therapie
240 S., mit ca. 10 s/w-Abbildungen und Grafiken Seiten,Gebunden
9783608947304
34,00 €
Inkl. 7% Steuern , exkl. Versandkosten
Lieferzeit: Vorbestellbar

1. Kapitel Einleitung Der Begriff der Identität bezieht sich auf die einzigartige Kombination von persönlichen unverwechselbaren Daten eines Individuums, ganz allgemein gesprochen nämlich der Name, das Geschlecht, Alter und Beruf, so wie es auch in der carte d'identité, dem Personalausweis, festgehalten ist. In einem engeren psychologischen und psychoanalytischen Sinn verstehen wir darunter die einzigartige Persönlichkeitsstruktur einer Person, die aus den Beziehungen zu wichtigen anderen im Laufe des Lebens entstanden ist. Dieses Empfinden der Kohärenz und Kontinuität im Kontext der sozialen Bezogenheit prägt das Leben und wird Identität genannt (Ermann, 2011). Die Identität enthält viele Komponenten, u. a. die Geschlechtsidentität, die ethnische Identität, die zeitliche Kontinuität des Selbsterlebens, die realistische Wahrnehmung des Selbst im Raum, über die Zeit und in unterschiedlichen sozialen Bezügen. Den meisten Menschen gelingt es trotz des Experimentierens mit verschiedenen Rollen, die Kontinuität des Selbst und die Wahrnehmung von anderen über die Zeit und in verschiedenen Situationen zu integrieren - eine bemerkenswerte Leistung. Schon in einem der ersten Bücher, die in der wissenschaftlichen Psychologie geschrieben wurden, in William James' 1890 publizierten Principles of Psychology, wird vermutet, dass der Mensch das einzige Tier ist, das sich mit sich selbst unterhält. Tagtäglich kommentiert das Me, unser Selbst, das I, unseren Bewusstseinsstrom, der wesentlicher Bestandteil unserer Identität ist - was wir fühlen, denken, schmecken. Freud (1923/2000) hat später das Ich in das Spannungsfeld zwischen triebhaften Bedürfnissen und gesellschaftlichen Normen und Erwartungen gestellt. Er hat auch die enorme Bedeutung des ElternKindVerhältnisses für die Entwicklung des Ichs betont. Die Selbstpsychologie und die Objektbeziehungstheorie haben dann unser Wissen über die Erschaffung des Selbst aus frühen sozialen Erfahrungen erweitert. Mit Selbst bezeichnet man die Vorstellung von der eigenen Person, also eine psychische Repräsentanz. Erikson (1959/1971, S. 123) führte dann den Begriff der IchIdentität in die psychoanalytische und sozialwissenschaftliche Betrachtungsweise ein. Damit ist 'ein spezifischer Zuwachs an Persönlichkeitsreife ., den das Individuum am Ende der Adoleszenz der Fülle seiner Kindheitserfahrungen entnommen haben muss, um für die Aufgaben des Erwachsenenlebens gerüstet zu sein', gemeint. Identität nimmt nach alldem Bezug auf das Selbst in einem bestimmten Kontext. Identität und Selbst sind also miteinander verquickt, aber sie sind nicht dasselbe (Bohleber, 1992). Das Interesse an der Identitätstheorie von Erikson hält in der Psychoanalyse unvermindert an. 2010 hat Peter Conzen die psychoanalytische Identität für Forum Psychoanalyse aufbereitet. Rasch voranschreitende Prozesse der Individualisierung, Pluralisierung und Globalisierung eröffnen den Individuen heute neue Spielräume des Selbsterlebens und der Selbstdarstellung. Allerdings stellt die Veränderung bzw. der Ausfall nahezu aller haltgebenden Strukturen in der gegenwärtigen Gesellschaft für viele heute lebenden Menschen eine Überforderung dar. Immer häufiger haben es Psychotherapeuten mit verwirrten, isolierten und ausgebrannten Menschen zu tun, die sich nach festen Bindungen sehnen und gleichzeitig davor zurückschrecken, die sich von immer neuen Ersatzbefriedigungen treiben lassen und keinen Sinn in ihrem Dasein finden, die sich an so viele Rollen anpassen, dass sie kaum noch wissen, wer sie überhaupt sind. Es ist bedenkenswert, wie Conzen (2010) ausführt, dass die Psychoanalyse sich mit Identität zu beschäftigen begann, nämlich um 1950, als diese in besonderer Weise problematisch geworden war. Er zieht eine Parallele zu der Beschäftigung mit Sexualität, die zu Freuds Zeiten das vordringliche Thema war. Wir blicken mittlerweile auf 100

Inge Seiffge-Krenke, Dr. phil., war Professorin für Entwicklungspsychologie und Gesundheitspsychologie an der Universität Mainz mit Schwerpunkt Jugendforschung. Sie ist Psychoanalytikerin und in der Lehre und Supervision von Ausbildungskandidaten für Kinder- und Jugendlichentherapeuten tätig.

Mehr Informationen
Autor Seiffge-Krenke, Inge
Verlag Klett-Cotta
ISBN 9783608947304
ISBN/EAN 9783608947304
Lieferzeit Vorbestellbar
Erfassungsdatum 18.11.2011
Lieferbarkeitsdatum 07.07.2022
Einband Gebunden
Format 2.6 x 23.4 x 16
Seitenzahl 240 S., mit ca. 10 s/w-Abbildungen und Grafiken
Gewicht 556