Rexword, Allan

Fake Paradox

Fake News war gestern
420 S. Seiten,Kartoniert
9783039770205
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Tag 1 - Unterschiedliche Lebenswelten Peter 'Alle Ziele neutralisiert, Peter. Die Kollegen vor Ort übernehmen', schloss der Einsatzleiter mit ruhiger Stimme. In diesem Moment blinkten an verschiedenen Stellen des Geländes rot-blaue Lichter auf und Polizeifahrzeuge näherten sich den fünf regungslosen Angreifern. 'Mission erfolgreich beendet.' 'Mercy beaucoup, Pascale. Ausgezeichnete Arbeit. Einsatzbesprechung morgen früh um zehn', antwortete er und beendete die Verbindung. Endlich geschafft. Die wochenlange Observation und die akribische Vorbereitung hatten sich gelohnt. Es gab fünf Terroristen weniger auf der Welt und die Bevölkerung der ZEU, der Zentralen Europäischen Union, war dank seiner Hilfe einem weiteren Super-GAU entgangen. Gemeinsam mit seinen Kollegen hatte er einen heimtückischen Anschlag auf eines der 250 Kraftwerke auf dem europäischen Kontinent verhindert. Für dieses Erfolgserlebnis nahm er gerne ein paar Überstunden in Kauf. Für heute reichte es. Mit einem kurzen Befehl meldete er sich ab. Die weichen Polster um seinen Körper zogen sich sanft zurück. Er stolperte und konnte sich nur mit Mühe am Metallgestell festhalten. 'Verrückte Maschine, verdammt!', entfuhr es ihm. Fast wäre er aus dem VR-Sitz nach vorne gefallen. Das Ding hatte ihn nicht wie gewohnt senkrecht, sondern in einem schrägen Winkel ausgeworfen. Er musste dringend ein Ticket beim IT-Support eröffnen. Die anderen fünf Kollegen der Spätschicht hingen wie lebensgroße Marionetten in ihren VR-Seats und tauchten in ihre eigene virtuelle Realität ein. Bis heute hatte er nicht verstanden, warum die Teile Seats hießen, wo man sich doch um dreihundertsechzig Grad in alle Richtungen frei bewegen konnte. VR-Stands wäre passender - oder VR-fall-nach-vorne. Als er wenige Minuten später aus der Tür des klimatisierten, zweihundertfünfzig Jahre alten Gebäudes seiner Behörde am Odeonsplatz trat, schlug ihm eine brutale Hitze entgegen. Es war erst der dritte Mai, und die Temperaturen in München lagen am Abend bei über dreißig Grad. Klimawandel oder Wetter, darüber waren sich die Kommentare in den Nachrichtensendungen uneinig. Nicht anders als in den letzten hundert Jahren. Immerhin hatte die Regierung erkannt, dass der Anstieg des Meeresspiegels um rund fünf Meter tatsächlich ein Problem ist. Zumindest für den Teil der Bevölkerung in der Mitte der Europäischen Union, der nicht in einer Großstadt wie München lebte, die fünfhundert Meter über dem Meeresspiegel lag. Zu beiden Seiten erstreckten sich vier- bis fünfstöckige Altbauten im romanischen Stil, die von unsichtbaren Scheinwerfern beleuchtet wurden. Davor erstreckte sich der kilometerlange, schmale Odeonspark mit seinen indirekt beleuchteten Büschen und Bäumen. Ein Café mit schicken Neon-Hologrammen und vereinzelte nächtliche Spaziergänger rundeten das Bild ab. Nur das ewige Surren und Brummen der Lieferdrohnen und Flugtaxis über den Baumwipfeln störte die innerstädtische Idylle. Doch vor siebzig Jahren war dies nicht mehr als eine viel befahrene Straße gewesen. Er bog nach rechts auf die Feldherrnhalle zu. Die zentrale Statue unter ihrem Alkoven zeigte einen siegreichen Feldherrn nach gewonnener Schlacht. In einer Nebenstraße lag seine Wohnung, die er nach einem kurzen Fußmarsch durch die frisch gesäuberten Gassen erreichte. Sie war für ihn nicht mehr als ein Ort zum Essen, Schlafen und für die VR. Sowohl beruflich als auch privat lebte er in der virtuellen Realität, der VR. Damit befand er sich in guter Gesellschaft mit neunzig Prozent der europäischen Bevölkerung. 'Hallo, Peter. Das Gleiche wie immer?', begrüßte ihn die Stimme von Jana, seiner virtuellen Assistenz, sobald er durch die Tür trat. 'Joa. Hauptsache schnell, ich will mich einloggen.' 'Kein Problem, Lasagne-Zero ist in acht Minuten fertig.' Ihm war es egal, was es gab. Das Zeug aus dem Food-Printer lieferte die notwendigen Kalorien und Vitamine zum Leben. Von den fiesen CaramelMax-Riegeln war er nach seinem letzten Jobwechsel zum Glück weggekommen. Nur Sport hasste er auch jetzt noch wie die Pest. Sein Job stellte höchste Ansprüche an den Intellekt und brauchte keine Muskeln. Während er wartete, holte er sich ein Bier aus dem Kühlschrank und checkte die News. Da er sein privates VR-Headset weiterhin trug, wurden sie ihm direkt in sein Gesichtsfeld projiziert. Wenn man sich nicht in der VR bewegte, wechselte das Gerät in den Augmented-Reality-Modus, kurz AR. Damit überlagerte es seine aktuelle Sicht mit 3-D-Projektionen, die sich in die Umgebung nahtlos einbetteten. Er kannte es nicht anders. Eine adrette Nachrichtensprecherin, die mit geradem Rücken auf seinem Sofa saß, fasste die wichtigsten Neuigkeiten zusammen: 'Hallo Peter, erneut sind im April Hunderte Flüchtlinge aus Nordafrika in Malta, Sizilien und an der spanischen Südküste bei Almería gelandet. Der ZEU-Grenzschutz scheint der Flut nicht Herr zu werden. Trotz des massiven Einsatzes teurer Drohnen und Marineschiffe, die die Menschen in ihre Heimatländer zurückbringen, schaffen es immer mehr an die europäische Küste' Er wischte weiter. Neben ihm erschien ein Rentner in Lebensgröße, der zornig rief: 'Wo soll das noch enden? Ein Wahnsinn! Baut den Wall wieder auf! Das sind alles Diebe, Mörder und Vergewaltiger! Gerade gestern haben sie in Malta eine junge Frau entführt und sind zu fünft über sie hergefallen zu fünft!' Er wischte weiter. Auf seinem Wohnzimmertisch marschierte eine Menschenmasse mit Schildern mit Schriftzügen: 'Baut den Wall wieder auf! - Auffanglager, JETZT! - Vergast sie! - Wer schützt UNS vor DENEN?' Er wischte weiter. Die andere Ecke des Zimmers verwandelte sich in ein paar verfallene Gebäude. Eine Stimme aus dem Off gab das Intro: 'In den wilden Flüchtlingslagern an der spanischen Südküste greift das Verbrechen um sich! Unbescholtene ZEU-Bürger, die den mittellosen Flüchtlingen ehrenamtlich helfen, können sich ihrer Haut nicht mehr sicher sein. Sehen sie selbst! - Hinweis: Das Material ist für Minderjährige nicht geeignet.' Auf der einen Seite der Straße spazierte ein Paar mit einem maximal vierjährigen Jungen auf den Schultern des Vaters. Und das sollten ehrenamtliche Helfer sein? Sie wirkten eher wie Einwohner des Städtchens. Auf der anderen Straßenseite saßen drei tätowierte halbstarke Kerle und ein dazu passendes Mädel. 'Hey, hey, wo will denn die junge Familie hin?', rief die Frau mit einer Stimme, die vor Gehässigkeit troff. Oh, man. Das gab sicher Ärger. Kurz darauf spielte sich eine Szene ab, wie er sie befürchtet hatte: Erst wurden die drei angepöbelt und von den Mitgliedern der Gang gestellt. Sie forderten Geld, das die Familie nicht hatte. Als der Vater mit seinem Sohn auf den Schultern verzweifelt versuchte zu fliehen, verfolgte ihn ein narbiger Kerl mit einem Messer. Das Bild fror ein und ein Schriftzug erschien: 'Hinweis: Die folgenden Ereignisse wurden aufgrund der bisherigen realen Begebenheit prognostiziert. Sie entsprechen NICHT der Realität - aber hätten genauso stattfinden können.' Die Szene lief weiter: Der Vater rannte davon. Erfolglos. Der Angreifer rammte ihm sein Messer mehrfach in den Rücken. Keuchend fiel der arme Mann nach vorne. Der Junge knallte ungebremst auf die Pflastersteine und schrie wie am Spieß. Eine Blutlache sickerte unter der weißen Trainingsjacke des Vaters hervor und breitete sich aus. Im gleichen Moment stürzte die Mutter panisch zu ihrem Kind und ihrem schwer verletzten Ehemann. Der gruselige Kerl wendete sich lächelnd den beiden zu. Von seinem Messer tropfte das Blut des regungslos am Boden Liegenden 'Jana, stopp. Das kann ich nicht anschauen.' Nicht jedes Übel dieser Welt musste seiner Ansicht nach im Detail gezeigt werden. Und es sich freiwillig ansehen, würde er erst recht nicht. 'Kein Problem, Peter. Benötigst du einen Termin beim Augenarzt?' 'Nein!' Verdammte KI. Sie nahm alles wörtlich, aber verfügte über keinen Funken emotionale Intelligenz. Dabei waren die Assistenzsysteme, die er im Dienst verwendet...

München im Jahr 2099: Verfassungsschützer Peter glaubt an das System. Doch ein Nachrichtenclip über Jacques und Kara, einstige Verdächtige in seinem größten Fall, zerstört dieses Vertrauen. Das System, dem er dient, scheint eine düstere Seite zu verbergen, in der sich Wahrheit und Lüge untrennbar vermischen. Zusammen mit der furchtlosen Reporterin Camila begibt sich Peter auf eine gefährliche Recherche, um zu verhindern, dass sein Europa in die Hände eines Diktators fällt. Doch was als Enthüllung beginnt, droht den ganzen Kontinent in einen flammenden Abgrund zu reißen.

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Autor Rexword, Allan
Verlag 8280-edition.ch
ISBN 9783039770205
ISBN/EAN 9783039770205
Lieferzeit Vorbestellbar
Erfassungsdatum 05.06.2024
Lieferbarkeitsdatum 30.08.2024
Einband Kartoniert
Seitenzahl 420 S.