Gerold Necker

Der Babylonische Talmud

Ein Zugang zur wichtigsten Quelle der jüdischen Religion., Judaika
464 S. Seiten,Gebunden
9783865393180
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'Lebenslanges Lernen' lautet eine der beiden wichtigsten Grundlagen des Judentums seit der Antike. Allerdings nicht im Sinne der allseits bekannten modernen Parole, soweit sie nur auf einen ökonomisch verwertbaren Informationsgehalt gemünzt ist; vielmehr soll der Liebe zur Tora, das heißt zur hebräischen Bibel und ihrer schriftlichen und mündlichen Überlieferung, entsprochen werden. Letztere wurde nach der Zerstörung des Zweiten Tempels in Gestalt der Mischna zu Beginn des 3. Jahrhunderts kodifiziert und dann in den palästinischen und babylonischen Akademien in zwei Versionen als Talmud kommentiert. Beide Bezeichnungen, sowohl Mischna als auch Talmud, bedeuten 'Lehre' und 'Studium (der Tora)'. Neben diesem kanonisch gewordenen Teil der mündlichen Lehre konnte auch die Auslegungskunst der hebräischen Bibel Schule machen und, obschon nicht mit der gleichen Verbindlichkeit, schriftliche Werke hervorbringen, die mit dem Midrasch ('Erforschen', also ebenfalls 'Studium' des Bibeltextes) eine eigene literarische Gattung begründeten, die sich stellenweise auch im Talmud niedergeschlagen hat. Ethische Prinzipien bekamen durch die kreative, manchmal geradezu fantastische Aufbereitung mit erbaulichem, nicht-gesetzlichem Erzählstoff (Aggada) nicht nur hohen Stellen- sondern auch Unterhaltungswert. Die zweite wesentliche Grundlage des rabbinischen Judentums betrifft die Lebensweise, die Alltagsfrömmigkeit. Dazu gehört die praktische Anwendung des Gelernten, die Ausübung der Gebote, aber auch eine religiöse Haltung, die im Judentum in zugespitzter Weise zum Ausdruck gebracht wurde, etwa wenn die Liebe zu Gott, wie sie das Hauptgebet 'Höre Israel' in Deuteronomium 6,4ff. formuliert, die 'Heiligung' seines 'Namens' miteinschließt - was in Zeiten der Verfolgung und Zwangskonversion als Bereitschaft zur Hingabe des eigenen Lebens gedeutet wurde. Genauso wurden soziale Forderungen, wie sie Levitikus 19 für das eigene Volk vorsah, auf den mitmenschlichen Umgang überhaupt angewandt - Gerechtigkeit und Barmherzigkeit gelten überall, immer und für alle. Diese drei Kerngebiete - Lernen der Tora, Leben nach dem Religionsgesetz (Halacha) und liebendes Handelnfokussiert auch der Mischna-Traktat 'Sprüche der Väter' in dem die Überlieferung der 'mündlichen Tora' mit rabbinischer Autorität begründet und diese der Offenbarung der 'schriftlichen Tora', die Mose am Sinai erhielt, gleichgesetzt wird. Sie formulieren einen Anspruch, der konkret und in vollem Umfang eingelöst werden will; mit einem Bekenntnis oder Sympathie allein ist es nicht getan. Nach talmudischem Verständnis ist das jüdische Volk nicht nur ein Volk des Buches, sondern auch ein Volk der Tradition, die Lebensregeln innerhalb der Gemeinschaft, für die Familie und den Einzelnen in allen Bereichen diskutiert und verbindlich festlegt. Die gottgegebene 'Weisung', so die berühmte Übersetzung von Martin Buber und Franz Rosenzweig für 'Tora', nach der gelebt werden soll, muss auch studiert werden, um einerseits zu verstehen, wie sie gelebt werden soll, und sie andererseits durch dieses Studium (Talmud Tora) bereits als wesentlichen Teil des Lebens selbst zu begreifen. Es dauerte wohl Jahrhunderte, bis die rabbinischen Ideale von lebenslangem Lernen und eine detailliert von den biblischen 248 Geboten und 365 Verboten sowie ihrer immer wieder aktualisierten Anwendungspraxis bestimmte Lebensweise ganz allgemein und kulturübergreifend in den unterschiedlichen jüdischen Lebenswelten verinnerlicht worden war; aber noch länger - in den 'orthodoxen' und 'konservativen' Strömungen des Judentums bis heute - behielten sie ihre Gültigkeit. Was als schriftlich fixiertes Welt- und Wirklichkeitsverständnis der rabbinischen Gelehrten begann, sollte schließlich über Generationen hinweg die Auffassung von Bildung maßgeblich beeinflussen. Doch mit den für gefährlich gehaltenen Herausforderungen der Moderne konnte eine so entstandene Lebensrealität mit ihrer Hochschätzung des Talmudunterrichts, wie sie sich vor allem im

Die Grundlagen der bis heute gültigen jüdischen Religionsgesetze wurden in rabbinischer Zeit nach der Zerstörung des Zweiten Tempels verbindlich festgelegt. Das erste schriftlich kodifizierte Werk, die hebräische Mischna, wurde ab dem 3. Jahrhundert weitgehend auf Aramäisch kommentiert und nahm im Babylonischen Talmud autoritative Gestalt an, die in der Folge alle jüdischen Lebenswelten nachhaltig prägen sollte. Jakob Fromer, Übersetzer und Herausgeber einer in ihren Kontexten und Inhalten nach wie vor repräsentativen Auswahl aus dem babylonischen Talmud, die erstmals 1924 in Berlin erschien, war noch selbst im traditionellen Rahmen der Talmudausbildung erzogen worden. Das erklärte Ziel, das er mit seiner philologischen Erschließung des Talmuds verband, war es, einer westeuropäischen Öffentlichkeit den Zugang zur wichtigsten Quelle der jüdischen Religion zu ermöglichen und ihr Einblicke in die detaillierte Gesetzespraxis, die fantastischen Traditionen und einen Lebensentwurf, der Alltagsfrömmigkeit mit dem Lernen heiliger Schriften verband, zu verschaffen.

Gerold Necker studierte Katholische Theologie und Judaistik; er promovierte 1999. Bis 2002 Hochschulassistent am Seminar für Judaistik an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main; 2000/2001 hatte er die Kurt-David-Brühl-Gastprofessur für Jüdische Studien an der Karl-Franzens-Universität Graz inne. Seit 2002 ist er Lehrkraft für besondere Aufgaben am Seminar für Judaistik/Jüdische Studien der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

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Autor Gerold Necker
Verlag S. Marix Verlag GmbH
ISBN 9783865393180
ISBN/EAN 9783865393180
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Erfassungsdatum 07.12.2012
Lieferbarkeitsdatum 14.03.2023
Einband Gebunden
Format 4.2 x 21.5 x 15
Seitenzahl 464 S.
Gewicht 671