Herzschlag der Gewalt
Prolog Kenia, Juli 2010 In seinem Beruf kam der Tod in vielen Varianten. Was ihn jetzt allerdings erwartete, ging weit über die Grenzen menschlicher Vorstellungskraft hinaus. Sie hatten seine Hände auf dem Rücken zusammengebunden. Der Kabelbinder schnürte ihm das Blut ab, seine Finger waren längst taub. Aber taube Finger waren sein geringstes Problem. Der Gefangene wusste, dass es mit ihm zu Ende ging. Seit über fünf Stunden waren sie in dem alten Mitsubishi Kleinbus unterwegs und es wurde bereits dunkel. Schon vor einiger Zeit waren sie von der befestigten Straße in einen Buschweg mit tiefen Schlaglöchern abgebogen. Es quietschte und klapperte, während sich der Bus vorsichtig tastend in Schrittgeschwindigkeit seinen Weg durch die tiefen Spurrillen bahnte. Der Gefangene saß auf dem Boden und drückte seinen Rücken schutzsuchend in die Ecke hinter dem Beifahrersitz. Trotzdem wurde er durch die bockigen Bewegungen des Fahrzeugs immer wieder heftig gegen die Seitenwand geschleudert. Eine Innenverkleidung gab es nicht. Die Metallverstrebung des Fahrzeugs lag so entblößt und schutzlos da, wie sein eigenes Leben. Die einzige Sitzbank im Laderaum des Mitsubishi war abgewetzt, die Plastikpolster zum Teil aufgerissen. Aus seinen zugeschwollenen Augen konnte er erkennen, wie sich zwei der vier somalischen Terroristen mit Händen und Füßen auf der Bank verkeilten. Der eine war fast noch ein Kind, der andere pockennarbig und wuchtig wie ein Ochse. Die Terroristen blickten angespannt nach draußen. Dabei unterhielten sie sich leise in ihrer Landessprache. Nach was suchten sie? Im nächsten Schlagloch sackte der Kleinbus tief zur Seite. Der Oberkörper des Gefangenen wurde auf den versifften Fahrzeugboden geschleudert. Er stöhnte auf, als sich kleine Steinchen in sein blutverschmiertes Gesicht bohrten. Direkt vor seinen Augen sah er den stark in Mitleidenschaft gezogenen Kampfstiefel des Ochsen. Sonderbar, dachte der Gefangene, die Schnürsenkel sind neongelb. Mit einem dreckigen Lachen trat der Somalier in sein Gesicht. Nicht kräftig, aber kräftig genug, um seine bereits mehrfach gebrochene Nase erneut zum Knirschen zu bringen. Ein durchdringender Schmerz schoss in seine Hirnschale und raubte ihm die Luft zum Atmen. Ihm wurde kotzübel. Seit über 24 Stunden hatte er nichts mehr gegessen und getrunken. Seine Zunge war trocken und klebte wie ein Klotz in seinem Mund. Fast begrüßte er das Blut, das nun wieder aus seiner Nase quoll und in seinen Mundwinkel sickerte. Reflexartig schlürfte er das schleimige Gebräu aus Blut und Rotz in sich hinein. Es schmeckte bleiern und süßlich. Flüssigkeit! Lebenselixier. 'Stopp!', kommandierte der baumlange Anführer, der vorne neben dem Fahrer saß. Sie hatten ihr Ziel offenbar erreicht. Das laute Kratz- und Schleifgeräusch der Schiebetür schmerzte in den Ohren des Gefangenen. Krachend rastete die Tür ein. Der Somalier mit den neongelben Schnürsenkeln zerrte den Deutschen aus dem Wagen. Während er sich umschaute, atmete der Gefangene vorsichtig den herben Duft des afrikanischen Buschlandes durch seine zertrümmerte Nase. Die Abenddämmerung stülpte sich gerade über das Land und tauchte die Büsche der Savanne in ein rötliches Kleid. Der pockennarbige Ochse zog grinsend ein Buschmesser aus der Scheide und entblößte dabei seine riesige Zahnlücke. Die oberen beiden Schneidezähne fehlten und an ihrer Stelle gähnte ein schwarzes Loch. 'Dreh dich um!', befahl er. Ein schneller Hieb des wuchtigen Messers durchtrennte den Kabelbinder. Da die Handgelenke eng aneinander gepresst waren, schnitt das Messer gleichzeitig Wunden in das Fleisch. Der Ochse trat zur Seite und machte Platz für den Anführer. Der Gefangene war nicht klein, aber nun kam er sich wie ein Zwerg vor. Er musste seinen Kopf in den Nacken legen, um dem Riesen ins Gesicht zu sehen. Eine wulstige Narbe, so lang wie der kleine Finger eines Kindes, zierte seine rechte Wange. Aber es war nicht die Narbe, die den Gefangenen erschaudern ließ. Es waren die
Alexander Hartmann führt ein gefährliches Doppelleben: Vordergründig ein harmloser Frachtpilot, übernimmt er immer wieder riskante Aufträge für den deutschen Geheimdienst. Dann verliebt sich der Agent in die ahnungslose Valentina. Um sie nicht zu gefährden, will er aussteigen. Doch der Chef des Bundesnachrichtendienstes weiß von seiner kriminellen Vergangenheit und erpresst ihn: Knast oder Kooperation für einen letzten Fall. Hartmann hat keine Wahl. Er muss den hochbrisanten Auftrag annehmen, um nicht für Jahre hinter Gittern zu verschwinden, und noch wichtiger, um nicht die Liebe der gesetztestreuen und pazifistischen Valentina zu verlieren. In Nairobi planen somalische Terroristen einen perfekt inszenierten Massenmord auf eine deutsche Einrichtung. Hartmann soll den Anschlag verhindern und die Drahtzieher überführen. Doch zu spät erkennt er die wirklichen Hintergründe des Anschlags. Die unglaubliche Wahrheit bringt auch Valentina in Gefahr. Es entbrennt ein Kampf gegen menschliche Gier und Machtgelüste. Ein Kampf ums nackte Überleben und um Gerechtigkeit.
Soeder Matthias: Herzschlag der Gewalt, Bad Kissingen, 2017
Autor | Soeder, Matthias |
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Verlag | Matthias Soeder |
ISBN | 9783000508769 |
ISBN/EAN | 9783000508769 |
Lieferzeit | 5 Werktage (inkl. Versand) |
Erfassungsdatum | 30.11.2017 |
Lieferbarkeitsdatum | 27.06.2019 |
Einband | Kartoniert |
Format | 3.1 x 20.5 x 13.5 |
Seitenzahl | 432 S. |
Gewicht | 493 |