Görisch, Reinhard

Matthias Claudius

oder Leben als Hauptberuf
112 S. Seiten,Gebunden
9783868274677
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I. Der Lebenslauf . zu befehlen, wozu ich geschickt sein soll Im Oktober 1787 schreibt der Dichter Matthias Claudius, 47 Jahre alt, dessen Wohnort Wandsbeck damals auf dänischem Herrschaftsgebiet liegt, einen Brief an den Kronprinzen und Mitregenten von Dänemark, der ihn bei früherer Gelegenheit seines Wohlwollens versichert hatte. Claudius erklärt einleitend, er habe sich "bisher von meiner Hände Arbeit genährt und mich nicht übel dabei befunden"; Erziehung und Unterricht seiner (damals) acht Kinder ließen dafür jedoch immer weniger Zeit, und so wünsche er nun irgend eine Stelle in des Königs Lande und, wenn es sein könnte, im lieben Holstein. Gnädiger Prinz, ich bitte nicht um eine sehr einträgliche Stelle, sondern nur um eine, die mich nährt, und um so eine bitte ich mit aller Unbefangenheit eines Mannes, der Willens ist, das Brot, das ihm der König gibt, zu verdienen. Wenn es mir auch erlaubt sein würde, so wüßte ich nicht zu sagen, wozu ich eigentlich geschickt bin, und ich muß Ew. Königl. Hoheit untertänig bitten, daß Sie gnädigst geruhen, ein Machtwort zu sprechen und zu befehlen, wozu ich geschickt sein soll. Ich ersterbe mit den Gesinnungen eines getreuen Untertan / Ew. Königl. Hoheit / untertäniger Matthias Claudius (BrI 360f.).* Mit Witz versucht Claudius eine arge Verlegenheit seines Bittgesuchs auszubügeln: Er kann nichts vorweisen, was ihn für eine Anstellung besonders empfiehlt, er hat keinen akademischen Grad von der Universität und keinen förmlich gelernten Beruf, und das mit 47 Jahren! Freier Schriftsteller könnte er sich nennen, das war damals noch eine Seltenheit; aber gerade weil dieser "Beruf" ihn und seine Familie nicht ernähren kann, hat er ja ein solches Bittgesuch nötig. Übrigens hilft der dänische Kronprinz: 1788 wird Claudius Bankrevisor in Altona bei festem Gehalt. Diese materielle Existenzgrundlage lässt ihm genügend Muße, denn nur für einige Tage im Jahr muss er jeweils zur Kassenprüfung nach Altona reisen. Bis 1788 war Claudius auf diversen Posten tätig gewesen und auch berühmt geworden, aber nicht erfolgreich im üblichen Sinn. Anfangs schwankend, ziellos Matthias Claudius wird am 15. August 1740 in Reinfeld, einem Ort westlich von Lübeck, als vierter Sohn des dortigen Pastors geboren. Zunächst vom Vater unterrichtet, verlässt er bereits mit 14 oder 15 Jahren das Elternhaus und besucht im nahen Plön die Lateinschule. Von 1759 an studiert er gemeinsam mit seinem Bruder Josias (der in dieser Zeit stirbt) in Jena kurz Theologie, dann aber Wirtschafts- und Staatswissenschaften. Über die Gründe des Wechsels gibt es bloß Vermutungen, er selbst hat sich nie dazu geäußert. Das zweite Studium beendet er im damals üblichen Zeitrahmen ohne Examen, denn "für die Mehrzahl der Studierenden war ein Universitätsbesuch ohne Graduierung die Regel".1 Mit einigem brauchbaren Wissen, aber ohne Berufsaussicht kehrt Claudius 1762 für zwei Jahre zu den Eltern zurück. Brieflich erwägt er zuweilen Tätigkeiten wie Sekretär, Hauslehrer oder Bergwerksangestellter in Norwegen,2 ernsthaft scheint er sich freilich nicht zu bemühen. Stattdessen veröffentlicht er 1763 sein erstes Büchlein "Tändeleyen und Erzählungen", von dem die Literaturkritiker gleich damals nichts halten und das bis heute in Schriften über Claudius geringschätzig abgetan wird. Immerhin erfährt das Erstlingswerk im Jahr darauf noch eine zweite Auflage. Da liest man z. B.: Die süßen Lippen der Mädchen Vor der Geburt des Amors wußte man nichts von Küssen, und der liebende Jüngling kannte die unaussprechliche Wollust nicht, die ich empfinde, wenn ich meine Lippen sanft auf die Lippen meiner Chloe drücke. Die Mädchenlippen waren schön, doch waren sie nicht süß, Bis Venus Göttertrank auf sie durch Amors träufeln ließ. Als Amor geboren wurde, hielten die Götter ein Fest, und waren alle so vergnügt, als sie noch nie gewesen waren. (.) (C 707) Und so weiter. Oder: Der arme Mann In einem kleinen Dorfe wohnte Ein alter armer from

Diese Biografie schildert in kompakter Form die Lebensstationen des Dichters und Schriftstellers Matthias Claudius (1740-1815). Hauptthemen seines Werkes werden vorgestellt, in Zitaten kommen er und Zeitgenossen zu Wort. Dabei wird deutlich: Matthias Claudius ist keineswegs nur der Poet biedermeierlicher Gemütlichkeit und sorglos heiterer Familienidyllen. Und er ist mehr als ein fromm-erbaulicher Glaubenszeuge. Diese Biografie zeigt Claudius in der Vielschichtigkeit seiner Persönlichkeit und seines Gesamtwerks. Die Botschaft, die er den Menschen bringen will, ist der christliche Glaube als Lehre und tägliche Praxis, mit Respekt vor anderen Konfessionen und Religionen. Durch seine Werke regt er bis heute dazu an, christliches Leben bewusst zu gestalten, die eigenen Gaben auszuschöpfen und an der Hoffnung über unsere irdische Existenz hinaus festzuhalten.

Reinhard Görisch studierte Germanistik und Evangelische Religion in Marburg und Göttingen. Er promovierte zum Dr. phil. mit einer Dissertation über Matthias Claudius, ist Vorsitzender der Claudius-Gesellschaft e.V. und Herausgeber der "Jahresschriften der Claudius-Gesellschaft".

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Autor Görisch, Reinhard
Verlag Francke-Buchhandlung GmbH
ISBN 9783868274677
ISBN/EAN 9783868274677
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Erfassungsdatum 19.05.2014
Lieferbarkeitsdatum 03.11.2021
Einband Gebunden
Format 1.5 x 19.4 x 13.4
Seitenzahl 112 S.
Gewicht 189